06.07.14

Mané - Kampl - Sabitzer - Burgstaller

Hinweis: Diese Analyse basiert fast ausschließlich auf den Leistungsdaten der Spieler, mit all den Vor- und Nachteilen einer solchen Analyse. Um bei Sabitzer einen subjektiven "Eye Test" durchzuführen, habe ich zu wenige spiele von Rapid Wien gesehen. Wenn jemand eine fundierte Erklärung für die eine oder andere Überraschung parat hat, kann er diese gerne im Kommentarbereich kundtun. Eventuell werden solche Erklärungen sogar noch nachträglich in den Artikel hineineditiert.

Vor wenigen Wochen hat Red Bull Salzburg seinen Kader mit Offensivspieler Marcel Sabitzer verstärkt. Wir wollen uns aber nicht mit der unkonventionellen Vertragskonstellation, mit der Salzburg den Spieler von Rapid Wien losgeeist hat, beschäftigen, sondern vor allem mit seiner Qualität. Die Grundlage dafür sollen Sabitzers statistischen Spieldaten aus der Saison 2013/14 sein. Um einen Vergleich zu ermöglichen, wird er mit seinen zukünftigen Mitspielern Sadio Mané und Kevin Kampl verglichen, die er möglicherweise 2014/15 einige Male im offensiven Mittelfeld ersetzen wird. Zwar steht seit Kurzem fest, dass auch Kampl noch bis einschließlich der kommenden Saison in Salzburg bleiben wird, aber zumindest ein bisschen Rotation wird es wohl dennoch geben.

Grundsätzlich ist ein Vergleich zwischen Spielern von Salzburg und Rapid problemlos möglich: Es handelt sich jeweils um Spitzenvereine der österreichischen Liga, sodass beide Mannschaften einen hohen Ballbesitzanteil für sich verbuchen konnten (59% gegen 55%). Allerdings hat Red Bull Salzburg 2013/14 seine Spielanlage deutlich extremer und besser (18 Punkte Vorsprung) umgesetzt.
Dementsprechend wäre es nicht ganz fair, Sabitzers Werte nur mit jenen von Kampl und Mané zu vergleichen. Aus diesem Grund wird noch der Sabitzers früheres Pendant am Flügel, Guido Burgstaller, in den Vergleich mit einbezogen.

Zu den Daten


Alle Rohdaten über die 4 Spieler  entstammen der Opta-Cloud, die auch am Rand verlinkt ist. Genauer gesagt kommen sie aus der Funktion "Spielervergleich", die auch über bundesliga.at abrufbar ist. Auch die meisten Daten über Teams und deren sonstige Spieler kommen von dort. Wenn nicht, wird die Quelle angegeben.
Diese Rohdaten wurden leicht angepasst und weiterverarbeitet. Der wesentlichste Unterschied ist wohl, dass alle (absoluten) Zahlen in "pro 90 Minuten" -Werte umgewandelt wurden. Somit spielt die Einsatzzeit keine Rolle mehr.

Des Weiteren wird in den kommenden Tabellen eine Kenngröße auffindbar sein, die nicht eindeutig aus den Spielervergleichen herauszulesen sind: die Dribblings. Ich bin davon ausgegangen, dass sich Zweikämpfe aus Tackles (Defensivzweikämpfe), Fouls, Kopfballduellen und eben Dribblings zusammensetzen. Und da die anderen 3 Kategorien von Zweikämpfen in den Spielervergleichen vorhanden sind, kann man sich durch subtrahieren von der Gesamtzahl an Duellen auch die Dribblings berechnen.

Allgemeine Kenngrößen


Die Bundesliga bzw. Datenlieferant Opta hat Pässe und Zweikämpfe zur Kategorie  "Allgemein" zusammengefasst:

Sadio Mané
Kevin Kampl
Allgemein
Marcel Sabitzer
Guido Burgstaller
36,1
49,3
Pässe
36,2
29,7
75,90%
82,00%
Passquote
70,90%
71,30%
73,10%
79,30%
Passquote gegn. Hälfte
66,80%
68,70%
12,3
8,2
Zweik. gew.
9,3
7,1
11,7
8,3
Zweik. verl.
10,0
11,0
51,30%
49,70%
Zweikampfquote
48,00%
39,40%
1,5
0,6
Kopfballduelle gew.
2,8
1,9
2,3
1,6
Kopfballduelle verl.
2,9
2,6
39,60%
27,90%
Kopfballduelle gew. (%)
49,30%
42,20%
4,7
5,9
Ballsicherungen
2,2
2,1
5,4
4,0
Erfolgr. Dribblings
2,3
2,7
6,4
4,8
Erfolglose Dribblings
5,2
6,7
45,92%
45,38%
Erfolgr. Dribblings (%)
30,96%
28,76%


An der Anzahl an gespielten Pässen erkennt man, wie aktiv ein Spieler im Angriffsspiel war. Es stellt sich heraus, dass Kevin Kampl der dominanteste Spieler der vier ausgewählten war. Marcel Sabitzer liegt rund gleichauf mit Sadio Mané, aber deutlich vor Guido Burgstaller. Salzburgs künftige Nummer 7 war also der dominantere Außenbahnspieler Rapids.

Bei den Passerfolgsquoten sind klare Qualitätsunterschiede zwischen den Salzburgern und den früheren Wienern erkennbar, und zwar sowohl insgesamt als auch in der gegnerischen Hälfte. Sabitzer hat also durchaus noch Nachholbedarf, was die Ballsicherheit betrifft. Sabitzer liegt auch hinter Burgstaller, wenngleich der Unterschied nur marginal ist. Andererseits soll nicht vernachlässigt werden, dass sich Kevin Kampl in dieser Hinsicht besonders herausragend präsentiert hat.

Interessant sind die Zweikampfbilanzen: Zunächst ist festzustellen, dass alle vier Spieler außer Guido Burgstaller insgesamt herausragende Werte für Offensivspieler aufweisen. Sadio Mané erreichte gar eine positive Bilanz. Aber auch Sabitzer steht dem Senegalesen und Kampl nur wenig nach.
Wirft man einen Blick auf die Zeilen über die Kopfballdaten, bekommt man schnell einen guten Eindruck, wie Sabitzers gute Quote zustande gekommen ist: Offensichtlich zählten Kopfballduellen in der vergangenen Saison zu seinen großen Stärken. Man darf gespannt sein, ob es sich wirklich um eine Eigenschaft Sabitzers handelt, oder ob sich der Wert 2014/15 auf ein durchschnittlicheres Niveau einpendelt. Immerhin fällt jedoch auf, dass Sabitzer neben der besten Erfolgsquote auch mit Abstand die meisten Kopfballzweikämpfe bestritten hat. Daher dürfte in seiner Statistik am wenigsten Zufall enthalten sein, was einigermaßen gute Aussichten für eine Wiederholung der guten Performance bedeuten.

Falls Sabitzer in Kopfballduellen tatsächlich solch eine Macht ist, könnte sich seine Verpflichtung noch als sehr wertvoll für Salzburg entpuppen. Schließlich rangierte der Meister 2013/14 bei offensiven und defensiven Luftduellen jeweils "nur" auf Platz 8 (Quelle: Red Bull Salzburg Jahrbuch 2013/14). Wenn man sich im Anschluss die zweiten Bälle sichert, mag diese Schwäche zwar nicht mehr so gravierend aussehen, wie sie es im ersten Moment tut. Trotzdem wäre es sicherlich nicht von Nachteil, wenn ein Offensivspieler lange Pässe und Flanken gezielt verarbeiten könnte.
Übrigens führt Rapid die Tabelle der Erfolgsquote der offensiven Kopfballduelle an. Neben dem zu RB Leipzig gewechselten Terrence Boyd (48,3%) hat auch Sabitzer (49,3%) seinen Teil dazu beigetragen.

Kommen wir zu den Dribblings: Es ist gemeinhin bekannt, dass Salzburgs Flügelspieler besonders gerne und gut mit dem Ball am Fuß den Gegenspielern enteilen. Entsprechen klar sind die Differenzen zu Sabitzer und Burgstaller. Letzterer ist zwar sogar öfter ins Dribbling gegangen als Kampl, aber die Erfolgsquote des Slowenen ist um mehr als das 1,5-Fache besser. Ähnlich sehen auch die sonstigen Verhältnisse zwischen Salzburg- und Ex-Rapidspielern aus. Man wird sehen, ob sich Sabitzer den überragenden Werten seiner Neo-Teamkollegen zumindest annähern kann.
An dieser Stelle muss noch hinzugefügt werden, dass die Dribblings wie gesagt aus den anderen Zweikampfdaten berechnet sind, und es ist nicht auszuschließen, dass in Wahrheit jetzt noch eine zusätzliche Art von Zweikämpfen in die Dribblings inkludiert sind.

Defensive & Disziplin


Sadio Mané
Kevin Kampl
Abwehr & Disziplin
Marcel Sabitzer
Guido Burgstaller
2,4
2,2
Erfolgr. Tackles
1,7
0,7
0,4
0,4
Erfolglose Tackles
0,3
0,2
87,20%
84,70%
Erfolgr. Tackles (%)
83,30%
81,80%
0,5
0,4
Klärende Aktionen
0,6
0,4
0,0
0,1
Blocks
0,0
0,1
1,2
1,2
Abgefangene Bälle
1,1
0,4
0,0
0,0
Elfmeter verschuldet
0,0
0,0
3,0
1,4
Gefoult worden
2,3
1,8
2,6
1,5
Fouls
1,5
1,6
0,2
0,1
Gelbe Karten
0,3
0,3
0,0
0,0
Platzverweise
0,0
0,0

Für eine so hoch pressende Mannschaft wie Salzburg ist es natürlich sehr wichtig, dass auch die Offensivspieler viele Balleroberungen erzielen. Dadurch wird die gesamte Mannschaft mehr Ballgewinne auf dem Konto haben als ein anderes Team, das die Vorgabe des hohen Verteidigens nicht ganz so effektiv umsetzt (wie Rapid). Daher hat Salzburg auch 3,3 Tackles (=Ballgewinne in direkten Zweikämpfen) pro Spiel mehr erreicht als Rapid.

Insofern ist die Differenz zwischen Sabitzer (1,7) und den Salzburg-Profis (2,2 bzw. 2,4) auch bis zu einem gewissen Grad auf Teameffekte zurückzuführen. Und genau deshalb macht es Sinn, Sabitzer mit Burgstaller zu vergleichen: Dabei wird ersichtlich, was für einen großen Einfluss Sabitzer auf das Defensivspiel des Vizemeisters hatte: 2,4-mal so viele Tackles zugunsten Sabitzers sprechen eine klare Sprache. Dasselbe Muster ist bei den Interceptions (abgefangenen Pässen) erkennbar. In dieser Statistik liegt Sabitzer (1,1) sogar auf Augenhöhe mit Kampl und Mané (jeweils 1,2). Noch aussagekräftiger ist allerdings, dass er hier das 2,8-Fache von Burgstallers Wert erreicht.

Eine mögliche Ursache für große Unterschiede zwischen zwei Flügelspielern, die in derselben Mannschaft auf der jeweils gegenüberliegenden Seite aktiv sind, könnten taktische Asymmetrien sein. Möglicherweise hat Rapid die gegnerischen Mannschaften gezielt auf die linke Seite gelenkt, wodurch der linke Mittelfeldspieler Sabitzer mehr Möglichkeiten für Ballgewinne bekommt?
Doch diese Begründung erweist sich als nicht wirklich durchschlagskräftig: Erstens sind die Unterschiede zwischen Sabitzer und Burgstaller zu groß, als dass sie rein auf taktische Besonderheiten zurückzuführen wären. Man stelle sich vor, dass ein Team über die ganze (!) Saison gesehen 2,4-mal so viele Angriffe über die eine Seite fährt als über die andere.
Zweitens suggerieren auch die Daten der Stammaußenverteidiger absolut kein Ungleichgewicht zugunsten der linken Abwehrseite: Gegenteilig verbuchte Christopher Trimmel (hinter Burgstaller, 5,5) sogar mehr Ballgewinne (=Tackles+Interceptions) als Schrammel (hinter Sabitzer, 5,0). Sabitzer dürfte also tatsächlich wesentlich aktiver und effektiver im Spiel gegen den Ball gewesen sein als Burgstaller.

Ansonsten bietet die obige Tabelle keine zusätzlichen, wertvollen Informationen. Am ehesten nennenswert ist noch Sadio Manés hohe Zahl an Fouls. In dieser Hinsicht könnte sich der Senegalese vielleicht noch ein wenig mehr zurückhalten.

Offensive


Sadio Mané
Kevin Kampl
Angriff
Marcel Sabitzer
Guido Burgstaller
0,46
0,32
Tore
0,27
0,45
0
0
Elfmetertore
0
0,04
1,07
0,71
Schüsse aufs Tor
1,11
1,24
1,32
0,82
Schüsse vorbei
1,04
1,36
44,80%
46,50%
Schussgenauigkeit
51,80%
47,60%
43,33%
45,00%
Schussverwertung
24,14%
36,67%
0,5
0,4
Gelungene Flanken
0,6
0,7
2,2
1,0
Flanken zum Gegner
2,1
1,7
19,20%
27,50%
Gelungene Flanken
22,90%
28,10%
0,43
0,50
Assists
0,15
0,21
1,93
2,76
Torschussvorlagen
1,57
1,03
0,0
0,0
Erhaltene Elfmeter
0,0
0,0
1,2
0,7
Abseits
0,8
1,0


Diese Tabelle legt offen, dass Sabitzer bei der offensiven Effizienz nicht ganz überzeugt hat. Deswegen ist er sowohl bei den Toren als auch bei den Assists Letzter, obwohl seine Torschuss- und Torschussvorlagen-Zahlen keineswegs unterlegen sind.
Allerdings sind besonders hohe/niedrige Werte bei der Effizienz immer höchstens mit Vorsicht zu genießen/zu kritisieren. Es wurde schon oft genug gezeigt, wie unzuverlässig Daten zu Chancenverwertungen in einer einzelnen Saison sind (Benjamin PugsleyAlex Olshansky). Dasselbe, wenn auch nicht in so drastischem Ausmaß, gilt für Tore und Assists. Um die Leistung eines Spielers in der kommenden Saison vorherzusagen (=um etwas über seine Qualität zu erfahren), sollte man viel besser Torschüsse und Torschussvorlagen (=Key Passes) verwenden. Verwertungsquoten sind erst nach größeren Bewertungszeiträumen aussagekräftig (Michael Caley).

Somit lässt sich vorhersagen, dass Sabitzer wohl nicht unbedingt schlechter ist als Burgstaller. Es sind sogar leichte Vorteile für Sabitzer erkennbar, wenn man die Torschussbeteiligungen (=TS vorbei+TS aufs Tor+TSV) betrachtet: Allerdings ist der Unterschied von 3,73 zu 3,63 sicherlich nicht signifikant.

Ein wesentlicherer Unterschied lässt sich beim Blick darauf, wie sich die Torschussbeteiligungen zusammensetzen, feststellen: Sabitzer bereitet die Torchancen eher vor (0,54 TSV mehr pro 90 Minuten durch Sabitzer), während sein ehemaliges Pendant der Flügelzange Rapids eher die Angriffe abschließt (0,45 TS mehr durch Burgstaller). Eine ähnliche Aufgabenverteilung fällt auch bei den Salzburgern auf, wobei Kampl der initiierende und Mané der abschließende Spielertyp ist.

Bei den Flanken ist am ehesten prägnant, dass Kevin Kampl mit Abstand am seltensten zu ihnen greift (1,4 < 2,4 < 2,7). Sabitzer jedoch weist diesbezüglich keine speziellen Werte auf, er würde mit seiner eigenen Spielweise jene von Red Bull Salzburg nicht wirklich verändern.

Fazit


Marcel Sabitzer liegt zwar in den allermeisten bedeutenden Statistiken mehr oder weniger knapp hinter Kevin Kampl und Sadio Mané. Dies gilt jedoch auch für Guido Burgstaller, woraus man schließen kann, dass ihr Rückstand auf die Salzburger zumindest teilweise auch auf Rückstände ihrer (ehemaligen) Teamkollegen zurückzuführen ist und nicht nur auf sie selbst. Das würde bedeuten. dass sich diese Lücke mehr oder weniger von selbst schließen würde, sobald Sabitzer bei Salzburg spielt.
Vergleicht man jedenfalls Sabitzer und Burgstaller, liegt meist Sabitzer vorne, und wenn nicht, ist die Differenz nicht allzu groß.

Damit er Kampl und Mané die Stirne bieten kann, hat Sabitzer vor allem bei den Dribblings Nachholbedarf, sowohl bei der Häufigkeit als auch bei der Erfolgsquote. Rein laut seiner Anzahl an Ballgewinnen und dem großen Vorsprung auf Burgstaller erscheint er hingegen jedenfalls gut genug, um im Salzburger Pressing eine gute Rolle zu spielen. Ganz besonders stark aber wirkt er in der Luft.

Man wird sehen, wo Sabitzer seinen Platz im Kader des Titelverteidigers findet. Gerade die (vermeintliche) Kopfballstärke würde es Adi Hütter nahelegen, den 20-jährigen Österreicher auch im Sturm einzusetzen. Ob Sabitzer für die Position des Angreifers geeignet ist, lässt sich leider nicht feststellen, weil er im Analysezeitraum (Saison 2013/14) die meisten seiner 2343 Einsatzminuten am Flügel verbracht hat. Aber schaden würde es ohnehin nicht, wenn Sabitzer nicht nur im offensiven Mittelfeld (wie gerade in der Analyse gezeigt), sondern auch im Sturm eine gute Alternative wäre.

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