11.09.15

Der Saisonstart von Red Bull Salzburg - war er wirklich so schlecht?

Nach einer längerer Pause der Autorentätigkeit soll ein Blick auf die Zahlen abseits der nackten Tabelle geworfen werden, um die bisheriger Leistung des österreichischen Titelverteidigers besser einschätzen zu können.

Nach den ersten 7 Runden liegt Red Bull Salzburg nur auf dem 5. Rang der Tabelle der Österreichischen Bundesliga. In einer Zehnerliga entspricht das einem Platz exakt im Mittelfeld. Obendrein hat man sich zum ersten Mal seit 2012/13, der Debütsaison von Ralf Rangnick und Roger Schmidt, nicht für die Europa League-Gruppenphase qualifiziert.
Jedoch spielt Zufallsvariation im Fußball eine große, so gut wie immer unterschätzte Rolle. In den analytischen Blogs in den Weiten des Internets gibt es unzählige Artikel darüber, wie die nackten Resultate besonders in kurzen Zeiträumen trügen können und zu voreiligen Schlüssen verleiten. Der Aktuellste ist wohl jener von Ben Torvaney auf Statsbomb über die Variabilität der Tordaten einzelner Spieler.

Wie außergewöhnlich ist die bisherige Punkteausbeute für ein Spitzenteam?


Damit wären wir schon bei der Frage, inwieweit der aktuelle Punkteschnitt Salzburgs eine gewöhnliche Variation sein kann oder doch auf einen echten Leistungsabfall vom besten Team der Liga zu einem Mittelfeldteam hindeutet. Zur Vereinfachung lassen wir das 7. Spiel beiseite und betrachten nur die ersten 6 Spiele, also das erste Sechstel der Saison.
(Zur Klarstellung: Das erste Sechstel einer Saison reicht in Österreich vom 1. bis zum 6. Spieltag, das Zweite 7.-12., das Dritte 13.-18. usw.)

In diesem ersten Sechstel holte die Mannschaft von Peter Zeidler 8 Punkte. Wenn man diesen Punkteschnitt (ca. 1,33) über eine ganze Saison verbucht, hätte man mit dem Titelkampf nur sehr wenig zu tun.
Nach nur 6 Spielen muss man sich diesbezüglich aber noch keine sehr großen Sorgen machen. Die 10 Saisons seit dem Einstieg von Red Bull 2005 kann man in 60 Sechstel unterteilen. Davon endeten 9 (=15%) mit 8 oder weniger Punkten. Wir nennen solche Sechstel ab jetzt "unerfolgreich".Die genaue Verteilung findet man im folgenden Histogramm: 

Auf eine Saison hochgerechnet bedeutet das einen Erwartungswert von 0,9 unerfolgreichen Sechsteln, d.h., man kann fast davon ausgehen, dass 1 Sechstel pro Saison dermaßen unerfolgreich ausfällt.
Tatsächlich gab es in 7 der 10 Saisons mindestens 1 unerfolgreiches Sechstel, und bekanntermaßen wurde Salzburg letztendlich dennoch immer mindestens Vizemeister. In 4 dieser 7 Spielzeiten (=ca. 57%) konnte man sogar den Meistertitel einfahren. Zum Vergleich: Insgesamt wurde Salzburg in 60% aller Saisons Meister. Ein einziges solches Sechstel ist also weder außergewöhnlich selten für Salzburg, noch benachteiligt es die Titelchancen extrem.

Zum Abschluss dieses Abschnitts noch eine kleine Illustration der Ausprägung der Zufallsvariation über kurze Zeiträume: Während wie erwähnt 15% aller Sechstel mit einem Punkteschnitt von 1,33 oder schlechter ausgingen, gab es kein einziges Saisondrittel mit dieser Bilanz. Der schlechteste Wert waren 1,5 Punkte pro Spiel. Nimmt man also 2 Sechstel zusammen, so wandern die negativen Ausreißer schon wieder deutlich näher in Richtung Mittelwert (im Falle Salzburgs der Wert eines Spitzenteams).

Die Schusszahlen


Nach dem letzten Abschnitt dürfte klar sein, dass die Punktebilanzen nach 6 Runden ziemlich trügen und Ausreißer nach unten (und auch nach oben) mit sich bringen können. Die Frage ist nur, ob der diesjährige Saisonstart wirklich einen zufallsvariationsbedingten Ausreißer nach unten darstellt oder ob das Red Bull Salzburg von 2015/16 einfach kein Titelniveau mehr hat.
Um diese Frage zu beantworten, nehmen wir uns Schusszahlen zur Hilfe. Wie vor allem von James Grayson schon des Öfteren gezeigt hat, sind Schüsse gerade in kurzen Zeiträumen besser für Vorhersagen geeignet als Tore. Sie kommen ihrem Wert am Ende der Saison schneller näher und sind gerade nach den ersten Spielen einer jungen Saison der bessere Prädiktor für die Punktezahl im Rest der Saison als Tore. Und das, obwohl die Tordaten noch besser sind als Punkte, wie aus 11tegen11's Artikel hervorgeht.

Wie auch in den verlinkten Artikeln werden auch hier Raten verwendet. Die Torschussrate (TSR; auch Total Shot Ratio) errechnet sich folgendermaßen:

TSR = Eigene Torschüsse/(Eigene Torschüsse + Gegnerische Torschüsse)
Analog funktioniert es mit Schüssen aufs Tor (TSaTR) und Toren (TR).

Dass letztere ebenfalls berücksichtigt wird, ist zwar fast obsolet, weil sie sehr hoch mit dem ohnehin jedem bekannten Tabellenstand korreliert. Sie soll aber als Vergleichsmöglichkeit dienen.

Hier sind die Ergebnisse (nach TSR geordnet; ab hier sind wieder alle 7 Spieltage berücksichtigt):


















In der Abbildung sind durchaus klare Unterschiede zwischen der TSR und der TR zu erkennen. Die TSR von Rapid Wien liegt beispielsweise nur knapp über dem Durchschnitt, der immer 0,5 betragen muss. Die so schlecht gestarteten Vereine SV Ried (inkl. Trainerwechsel) und WAC scheinen außerdem als solide Mittelfeldteams auf, Admira Wacker dagegen liegt klar am unteren Ende. Das an dieser Stelle Relevanteste ist aber der erste Platz von Salzburg bei der TSR. Man kann fast jetzt schon sagen, dass die "Bullen" nicht so schlecht sind, wie es ihr Tabellenplatz aussagen würde.

Allerdings ist auch klar, dass die TSR nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Faktoren wie Chancenqualität und- verwertung sind auch ein klarer Bestandteil der Leistung eines Teams, wenngleich besonders zweitere besonders starken Zufallsschwankungen unterworfen sein kann. Hinzu kommt, dass die TSR sehr vom momentanen Spielstand abhängig ist: Teams, die in Rückstand liegen, geben umso mehr Schussversuche ab. Einige davon sind wohl eher als Verzweiflungsschüsse aus ungünstigen Positionen einzuordnen. Und in einem kurzen Bewertungszeitraum kann auch die TSR dadurch stark manipuliert werden. Gerade Admira Wacker spielte beispielsweise nach Führungstreffern nicht wirklich konsequent nach vorne, weil es der Spielstand nicht verlangte. Langfristig wird die Taktik, mit einer der ersten Torchancen in Führung zu gehen und diese - trotz einiger Torschüsse der Gegner erfolgreich - zu verwalten, zwar nicht immer gut gehen, aber man kann nicht wissen, ob die Mannschaft unter anderen Voraussetzungen nicht doch mehr Schüsse verbuchen würde.

Deshalb macht es auch Sinn, auf die Schüsse aufs Tor zu achten. Die TSaTR wird weniger stark vom Spielstand manipuliert und ist daher auch der bessere Prädiktor als die TSR, wie aus den obigen Links (1 und 2) hervorgeht.
Und tatsächlich haben sich die Anomalien ein bisschen in Richtung "Normalität" (also in Richtung TR) verschoben: Die SV Ried ist dem Tabellenende deutlich näher gekommen, Admira Wacker hat sich wie Rapid Wien ein wenig verbessert. Und Salzburg? Wurde von Sturm Graz und Austria Wien überholt und liegt somit immerhin noch sehr knapp hinter den Wienern auf Platz 3.Allerdings zeigt Sturm Graz, dass auch die TSaTR nicht hundertprozentig astrein ist: Eine solche Diskrepanz zwischen TSR und TSaTR sollte eigentlich nicht auftauchen; es muss wieder eine Anomalie/Zufallsvariation im Spiel sein, die wohl nicht dauerhaft bestehen bleiben wird.

Daher ist es am sinnvollsten, eine Metrik zu kreieren, die sowohl Torschüsse gesamt als auch Schüsse aufs Tor als auch Tore in einer möglichst guten Balance miteinander verrechnet. Einen eigenen Versuch lassen wir noch beiseite, weil er noch nicht ganz salonfähig ist (und außerdem ist das kein theoretischer Artikel). Stattdessen soll das "Team Rating" von James Grayson als Ausdruck der "wahren" Teamstärke dienen. Kurz zusammengefasst sind die Bausteine die TSR sowie (frei übersetzt) der PDO und der Torschussqualität-PDO. Der PDO ist ein Maß dafür, um wie viel das eigene Team besser im Verwerten der Schüsse aufs Tor zu Toren ist die gegnerische Mannschaft. Die Formel lautet:

PDO = 1000*(Eigene Verwertung - Gegnerische Verwertung + 1)
Der Faktor 1000 dient lediglich der Verschönerung. Durch ihn liegt der Ligamittelwert eben bei 1000.

Der Torschussqualität-PDO funktioniert analog, allerdings bezieht er sich auf die Schussqualität, also den Anteil der Schüsse aufs Tor an den Torschüssen. Der Faktor 1000 wird diesmal weggelassen.

Wie genau Formel hergeleitet wird und wie sie lautet, ist am besten direkt in Graysons Artikel nachzulesen. Relevant für uns ist nur, dass die Chancenverwertungsmaße natürlich weniger Gewicht bekommen als die TSR. Außerdem ist noch erwähnenswert, dass der Mittelwert bei 500 liegt (die Reskalierung, die Grayson vornimmt, übernehme ich nicht mit).

Und tatsächlich funktioniert das Team Rating (Link): Es ist ein besserer Prädiktor als TSR, TSaTR sowie TR und kann sogar mit Expected Goals mithalten.

Bevor wir allerdings auf die "wahre" Stärke der Teams zu sprechen kommen, sollen für den Kontext noch die beiden Chancenverwertungsmetriken angesehen werden: 



















Wie man sieht, konnten Admira und Rapid ihre guten Ergebnisse vor allem durch eine hohe Chancenverwertung erreichen. Gerade beim Umwandeln von Schüssen aufs Tor in Tore sind ihre Werte jedoch so exorbitant hoch, dass man nicht von einer Beibehaltung ausgehen kann: Höchstwahrscheinlich werden die Werte am Saisonende niedriger sein. Damit die Punkteausbeute also aufrechterhalten werden kann, müssen mehr Chancen kreiert werden bzw. muss der Gegner besser am Kreieren gehindert werden.
Salzburg hingegen liegt erwartungsgemäß in beiden Spalten unter dem Durchschnitt. Die schlechten Ergebnisse sind also in erster Linie auf die Chancenverwertung zurückzuführen. Man wird sehen, ob es sich um eine nachhaltige Schwäche oder ob lediglich Zufallsvariation für die niedrigen Werte verantwortlich ist.


































Wenn man jedenfalls Chancenverwertungswerte und TSR in einem möglichst "gesunden" Verhältnis miteinander verrechnet, sieht es gut aus: Beim Team Rating liegt Salzburg auf Platz 1. Nun kann man wohl endgültig feststellen, dass Salzburg als absolutes Spitzenteam durchgeht.

Falls jemand einwendet, dass das Ganze nur eine "unnötige, nicht ernst zu nehmende statistische Spielerei" sei und dass man nicht einfach "willkürlich die Gewichtungen ändern" dürfe, kann man Folgendes entgegnen:
1. Die Gewichtungen sind nicht willkürlich gewählt, sondern so, dass die Prädiktivität maximiert wird. Damit verbunden ist, dass die "wahre" Qualität eines Teams umso früher erkannt wird.
2. Man weiß natürlich noch nicht, ob dies auch diesmal der Fall sein wird. Aber in der Tat spiegelt die Tabelle nach Team Rating vielmehr die allgemeine Einschätzung der Klubs wider als die Tabelle nach Punkten: Die Top 4 liegen deutlich vor dem Rest der Liga, Admira (und auch Mattersburg) finden sich im Mittelfeld wieder. Wenn ich die Endtabelle tippen müsste, würde ich - unabhängig von den Statistiken - in jedem Fall eher auf die Kräfteverhältnisse des Team Ratings tippen als die Admira z.B. auf Rang 3 zu sehen.

Das heißt jedoch natürlich nicht, dass bei Salzburg sportlich abgesehen vom Tabellenstand alles im Reinen ist. Dafür ist das Team Rating von 584 zu niedrig: Erstens indiziert es einen klaren Leistungsabfall im Vergleich zu den Vorjahren (2014/15: 657, 2013/14: 672). Zweitens kann natürlich auch das Team Rating in einer kleinen Stichprobe von nur 7 Spielen vom Gesamtmittelwert abweichen, und Salzburg liegt zu knapp vor der Konkurrenz, als dass man den Meister der vergangenen beiden Jahre erneut als "eindeutig beste Mannschaft" bezeichnen könnte. Vielmehr sieht es momentan nach einem engen Titelrennen aus, in dem sich niemand wirklich absetzen kann und in dem schon 65-70 Punkte für den Sieg reichen könnten (durchschnittliche Punktezahl der Meister der letzten 3 Jahre: 78,3!).

Gründe für die schlechte Wahrnehmung


Alles in allem scheint es, gerade angesichts der Umstände (s.u.), nicht so schlecht bestellt zu sein um Red Bull Salzburg. In einem erfahrungsgemäß gut für Prognosen geeigneten Ranking scheint man als beste österreichische Mannschaft auf (oder zumindest als eine der absolut besten). Warum aber ist die öffentliche Wahrnehmung des Saisonstarts dennoch so schlecht?
In erster Linie rührt das wohl davon, dass sich die Leute zu sehr von nackten Resultaten blenden lassen. Sieg ist Sieg, Niederlage ist Niederlage, Unentschieden ist Unentschieden (bzw. bei Salzburg laut Öffentlichkeit auch fast Niederlage...) - so einfach ist die Welt (leider?) nicht. Gerade bei einem Fußballspiel, das man komplett dominieren kann und das trotzdem aufgrund einzelner Szenen gegen einen entschieden werden kann, muss man für eine sachliche Leistungsbeurteilung stärker differenzieren. Dafür muss man sich entweder die Spiele absolut objektiv anschauen und dabei auch taktische Einzelheiten genau wahrnehmen (was die wenigsten können) oder sich bessere Leistungsparameter wie eben Schüsse (oder womöglich etwas noch Besseres) finden. Und wenn man das schon nicht kann/tut, sollte man sich zumindest der Zufallsvariation und ihrer Auswirkungen in kurzen Bewertungszeiträumen, gerade der Chancenverwertung, bewusst sein. Da dies auf die wenigsten zutrifft, werden häufig unhaltbare Schlüsse aus nackten Resultate gezogen.

Unterstützt wird dies von einem zweiten Punkte: Dem Confirmation Bias. Viele Leute glauben bekanntlich, dass Salzburg nur mehr zur Ausbildungsfiliale für RB Leipzig wird und nach den Transfers von Sabitzer, Bruno, Ilsanker und Gulácsi auch schon ein Stück weit ist. Deswegen würde Salzburg in Zukunft nur mehr "Kinderfußball" praktizieren und auch nicht mehr um die Meisterschaft spielen können.
Mit diesem Glauben im Kopf (bzw. ist es für viele vor allem im Großraum Wien wohl auch ein Wunsch) nimmt man jedes Signal, das ansatzweise dazu passt, umso stärker wahr.

Der dritte Punkt ist eine überzogene Erwartungshaltung: Wenn man sich vor der Saison Kommentare in diversen Internetforen durchgelesen hat, kann man zusammenfassend sagen, dass viele Leute nach der vermeintlich schlechten Saison unter Adi Hütter endlich wieder das Niveau unter Roger Schmidt sehen wollten. Darin stecken gleich zwei Fehler: Erstens war die Saison 2014/15 nicht so schlecht. Immerhin hat man wieder das Double gewonnen und die Europa League-Gruppenphase erneut äußerst souverän überstanden. Die Saison kann nur für jene eine Enttäuschung gewesen sein, die  sich erwartet hatten, dass es in der gleichen Tonart wie 2013/14 weitergeht, was jedoch völlig vermessen war. Denn einen Trainer, der inzwischen auch bei einem Topclub in Deutschland Arbeit auf hohem Niveau abliefert und sogar von Pep Guardiola hochgelobt wird, wird man nicht alle Jahre nach Salzburg bekommen, ebenso wenig wie Spieler wie Kampl, Alan oder Mané, die jeweils über 10 Millionen Euro Ablöse einbrachten. Nach einer Saison wie 2013/14 konnte es nur abwärts gehen.

Entsprechend unrealistisch ist es davon zu träumen, dass dieser Level 2015/16 wieder erreicht wird. Abgesehen vom Trainer sind überhaupt die Voraussetzungen sehr viel ungünstiger: Im Sommer 2012 hatte es einen radikalen Umbruch gegeben (Wechsel der Spielphilosphie, damit in Einklang stehende Verpflichtungen von Sportdirektor Rangnick, Trainer Schmidt und Spielern wie Kampl, Mané, Berisha, Ilsanker). Dementsprechend lief es dort auch nicht von Anfang an rund, aber gerade im letzten Saisonviertel (8 Siege, 1 Unentschieden) konnte man schon die Richtigkeit des Weges erkennen. Im Sommer 2013 war man in der Situation, dass man ein schon gut funktionierendes Team personell (wobei letztlich nur Gulácsi eine echte Verstärkung war) und vor allem taktisch weiter nach vorne bringen konnte. Wie jeder weiß, konnte man dadurch ein sehr starkes Team bilden, und das, nachdem Medien im Sommer 2012 schon nach wenigen Wochen die Entlassung von Schmidt herbeireden wollten.

Die schwierigen Umstände


Dieses sehr starke Team ist in den vergangenen 3 Transferperioden schrittweise aufgelöst worden. Von den 14 Spielern, die 13/14 in der Bundesliga die meiste Einsatzminuten hatten, stehen noch 6 (Schwegler, Hinteregger, Ulmer, Leitgeb, Berisha, Soriano), im Kader. Dazu sind mit Bruno und Sabitzer bereits zwei Neuverpflichtungen aus dem Sommer 2014, die potenzielle bzw. faktische Leistungsträger waren, wieder bei einem anderen Verein. Die Situation erinnert also vielmehr an den Sommer 2012 als an den Sommer 2013. Mit dem klaren Vorteil, dass Zeidler keine neue Spielweise implementieren muss und mit dem noch größeren Nachteil, dass er wohl kaum so guter Trainer wie Schmidt ist.

Hinzu kommen zwei weitere erschwerende Umstände: 2012 konnte Schmidts Mannschaft zu Beginn in der Bundesliga auch weniger überzeugende Spiele gewinnen (besonders die ersten drei) und dadurch den Schaden zumindest national in Grenzen halten, also Tuchfühlung zur Tabellenspitze bewahren. Zeidlers Team hatte durch knappe Niederlagen gegen Mattersburg und Rapid dagegen schon früh 6 bis sogar 8 Punkte Rückstand auf Rapid, was das Arbeiten nicht erleichtert.
Auf keinen Fall verschweigen darf man freilich die momentane Verletztensituation. Mit Schwegler, Hinteregger, Keita, Leitgeb und Soriano fehlten bereits 5 Schlüsselspieler der Vergangenheit in mindestens 2 von 7 Spielen. Hinzu kommen die beiden hochgehandelten Neuzugänge Damari und Yabo, die eigentlich Spieler wie Sabitzer und Ilsanker ersetzen sollten, sowie Valentino Lazaro und Havard Nielsen, die sich ebenfalls zu Leistungsträgern entwickeln könnten.
Inwiefern diese Probleme an schlechter medizinischer Betreuung, schlechter Periodisierung oder auch schlicht an Pech liegen, ist von außen fast unmöglich zu sagen (höchstens kann man abwarten, ob die Verletztenzahl weiterhin so hoch bleibt). Fest steht allerdings, dass es schwer fällt, ein eingespieltes und funktionierendes Team zusammenzustellen, wenn laufend Korsettstangen und hochwertige Neuzugänge ausfallen.

Fazit und Ausblick


Zu guter Letzt ist festzustellen, dass Salzburg wie schon einmal angesprochen nach den bisherigen 7 Spielen auf eine Saison mit 65-70 Punkten zusteuert. Man hat sich zwar bisher klar schlechter präsentiert als in den vergangenen beiden Jahren. Besonders defensiv, aber auch offensiv sind noch nicht viele funktionierende taktische Abläufe zu erkennen. Dennoch könnte diese Bilanz für den Meistertitel reichen.

Das sage ich vor allem deswegen, weil zu hoffen ist, dass sich die Mannschaft verbessert. Wenn die vielen Verletzungen einmal Geschichte sind und eine Stammelf zusammenwachsen kann, könnte sich eine Verbesserung der Leistung ausgehen. Es gibt ja auch genug junge, entwicklungsfähige Spieler im Kader, die im Training geschliffen werden müssen. Man bedenke, dass gerade Sadio Mané, Alan oder Naby Keita nicht auf Anhieb die Leistungsträger waren, sondern einige Wochen oder Monate gebraucht haben. Dass Peter Zeidler grundsätzlich dazu in der Lage ist, hat er beim FC Liefering 3 Jahre lang bewiesen. Jetzt muss er es auf höherem Niveau schaffen.

Und selbst, wenn sich der Meistertitel nicht ausgehen sollte: Man muss akzeptieren, dass man nicht immer gewinnen kann. Im Gegenteil kann immer nur eine Mannschaft Ligameister werden. Gerade eine Art "Sabbatjahr", in dem man die Grundlagen für kommende Meistertitel legt, muss drin sein, ohne dass man gleich den Abgesang einleiten muss. Schließlich hat es schon genug Saisons gegeben, in denen Salzburg eben 63-70 Punkte erreicht hat. So realistisch muss man sein.

2 Kommentare:

  1. Interessanter Beitrag, ich bin auch der Ansicht, dass sich die Tabelle innerhalb der nächsten Wochen noch mehr "normalisieren" wird. Hoffentlich ist der Abstand nicht bereits zu groß.

    Eine Frage: Woher nimmst Du denn deine Daten? Ich habe nämlich nach sieben Runden Salzburg bei TSR 0,59, STR 0,62 und PDO 0,991 (Quelle bundesliga.at).

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    1. Danke!

      Nach dem vergangenen Spieltag sollte der Rückstand eigentlich kein großes Hindernis mehr sein. Daran sieht man wieder einmal, wie wenig man in den Tabellenstand nach wenigen Runden hineininterpretieren darf. Vor zwei Runden fehlten noch 8 Punke auf Rapid, jetzt sind es nur noch 2 (und 3 auf den neuen Tabellenführer)...

      Ich habe die Daten eigentlich auch von bundesliga.at. Ich hole von jedem einzelnen Spiel manuell die Torschüsse, Schüsse aufs Tor und Tore beider Mannschaft aus den Spielberichten (bspw. http://opta.mc.cloud.opta.net/configurable/compmatch2.html?season=2015&competition=119&match=807379&mc=austria&lang=de&timezone=1) heraus. Da kann natürlich einmal ein Tippfehler passieren, aber in Salzburgs Fall habe ich jetzt nachkontrolliert und komme wieder auf 48 Schüsse aufs Tor für und 33 gegen RBS, STR also eben 0.593 (7 Runden).

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